Astro Vita

Mit sieben Jahren kam ich zum ersten Mal mit der Astronomie in Berührung: Mein älterer Bruder befasste sich mit diesem Hobby und hatte dabei den Nerv, den kleinen Bruder auch irgendwie zu beschäftigen. Ich durfte Sternbilder nachzeichnen und die kleinen Astronomiebücher anschauen.

Weihnachten 1967 bekam mein Bruder dann einen 60/700 Refraktor von Quelle geschenkt, made in Japan. Die azimutale Montierung war ziemlich wackelig und die Bildqualität aus heutiger Sicht sehr bescheiden. Trotzdem erinnere ich mich an geheimnisumwitterte, eiskalte Beobachtungsnächte auf dem elterlichen Balkon, und vor allem an Saturn! Daß es so etwas wirklich gab, war unglaublich und faszinierend zugleich für mich gewesen.

Als mein Bruder später von zuhause auszog, war das Teleskop frei. Auf mich selbst gestellt, beobachtete ich eigenständig, obwohl ich von der Fülle der beobachtbaren Objekte keine Ahnung hatte und über Mond, Saturn, Plejaden, M31 und M13 nicht hinauskam.

Das Ganze hat mich damals aber doch sehr beeindruckt und so ließ mich das Interesse für die Sternenwelten eigentlich nie mehr ganz los. Insgesamt demotivierte mich aber die geringe Qualität des Refraktors und die ungünstigen Beobachtungsbedingungen auf dem heimischen Balkon, so daß es nie zu einer intensiven Beschäftigung mit der Astronomie kam.

25 Jahre später erfüllte ich mir dann den Wunsch, ein richtiges Teleskop zu besitzen, nachdem nun neben dem nötigen Kleingeld auch ein brauchbarer Beobachtungsplatz vorhanden war. Unzweifelhaft waren die Informationsmöglichkeiten im Internet eine große Hilfe bei der Wahl des richtigen Instrumentes. Weil ich nicht vorhatte, Astrophotographie zu betreiben, schien mir der 12,5 Zöller von GRAB ASTROTECH für meine visuellen Zwecke das beste, noch finanzierbare Instrument zu sein. Erst nachdem ich den Dobson bestellt hatte, entwickelte sich die Deutsche Mark im Vergleich zum Dollar sehr ungünstig, sodaß der Kauf aus heutiger Sicht ein echtes Schnäppchen war. Ein Jahr später war der Kaufpreis um fast 1000 DM gestiegen.

Ende März 2000 hatte ich dann mein First Light und es war wirklich meine erste "Erleuchtung". Es dauerte zwar noch einige Monate, bis auch die richtigen Okulare angeschafft waren, aber die Sucht befiel mich sofort. Besonders gefiel mir die einfache Handhabung des Dobsons, gerade auch im Zusammenspiel mit dem Telrad-Finder. Es mag ja stimmen, daß man als Anfänger mit kleinen Instrumenten das astronomische Sehen besser lernt, ich bezweifle aber, daß die Beobachtung mit einer kleinen "Klitsche" auch nur annähernd so faszinierend und motivierend ist wie die mit großer Öffnung. Bis heute habe ich die Anschaffung nicht im geringsten bereut.

Im Spätsommer 2000 hielt ich zum ersten Mal den Camcorder hinter das Okular des Newtons. Das erste Ergebnis war völlig mißlungen und der Fall für mich damit eigentlich erledigt. Dennoch machte ich wenige Wochen später im Oktober 2000 noch einen Versuch an Jupiter und Mond mit sehr vielversprechenden Resultaten. Eine der ersten Aufnahmen ist auf der linken Seite abgebildet.  Als ich dann am 16./17.10 einen Io-Durchgang mit Schattenwurf auf den GRF bei relativ guten Sichtbedingungen filmen konnte, war mir klar, daß selbst mir der praktizierten Freihandmethode ganz hervorragende Aufnahmen möglich waren. Teilweise übertraf der Detailreichtum der Bilder den von Aufnahmen vieler Amateurastronomen, die über wesentlich aufwendigere Technik verfügten (Montierung, CCD-Kamera).

Die ersten Bilder waren noch tonwertkorrigierte Video-Einzelbilder. Kurze Zeit später begann ich aber schon, aus mehreren Einzelbilder durch Addition Summenbilder zu erstellen. Dabei wurden die Einzelbilder in Photoshop von Hand zentriert und anschließend addiert, wobei jeweils die Mittelwerte berechnet wurden. Aber schon die Addition von 10 Bildern war mit dieser Methode recht aufwendig und so stieß ich in den Diskussionsforen des Internets auf das Aufnahme- und Bildverarbeitungsprogramm GIOTTO von Georg Dittié.

Obzwar die Dokumentation superdürftig war (hat sich mittlerweile etwas gebessert) kam ich bald mit der Software ganz gut zurecht. Die Neuberechnungen meiner Aufnahmen waren ein Quantensprung, denn mit Giotto war es nun möglich, nicht nur 10, sondern hunderte oder tausende von Einzelbildern zu zentrieren, addieren und dabei auch noch die unbrauchbaren Einzelbilder auszusortieren.

Nach den erfolgreichen Aufnahmen von Jupiter, Saturn, Mond und Sonne hoffte ich im Sommer 2001 darauf, daß mir auch passable Mars-Bilder während der Opposition gelingen würden. Leider stand Mars zu dieser Zeit gerade einmal 15° über dem Horizont. Da mein Beobachtungsplatz im heimischen Garten am leicht geneigten Nordhang liegt, erhebt sich der Horizont nach Süden um ca. 10°, mit der Folge, daß der Blick gen Mars flach dem Hang hinauffolgte und alle vorhandenen bodennahen Turbulenzen das Beobachten und Filmen von Mars zusätzlich erschwerten.

Im Sommer 2001 beschloß ich, den zuständigen Redakteur der Zeitschrift Sterne und Weltraum (SuW) auf meine Dobson-Aufnahmen hinzuweisen und die Veröffentlichung anzubieten. Es folgte ein Artikel und mehrere Fotos in den folgenden Ausgaben. Außerdem wurden einige Fotos in Ahnerts Astronomischen Jahrbuch 2002 abgedruckt. Seit dem veröffentlichte ich in unregelmäßigen Abständen Fotos und weitere Beiträge zur Planetenbeobachtung.

Der technische Fortschritt bei Webcams und Videokameras ermöglichte mit der Zeit immer besser aufgelöste Aufnahmen. Mit dem Auftauchen preiswerter Schmalband- und Linienfilter sind auch Beobachtungen der Sonne in H-Alpha und Calcium sowie bei Planeten im nahen Infrarot und Ultraviolett sowie im Methanband hinzugekommen. Mit dem Bau einer festen Beobachtungssäule inklusive fahrbarem Schutzbau entstand 2007 eine eingene kleine Sternwarte , die mir neue Möglichkeiten wie beispielsweise die Tagbeobachtung von Planeten oder die Installation einer Live-Cam zur Übertragung aktueller Himmelsereignisse ermöglichte. Im Januar 2007 rief ich an der örtlichen Grundschule eine Astronomie-AG ins Leben, die sich bis heute regen Zuspruchs erfreut. Mit öffentlichen Führungen unter freiem Himmel für sternkundlich Interessierte auf dem nahe gelegenen Dörnberg weitete ich 2009 zusammen mit anderen Sternfreunden meine astronomischen Aktivitäten aus.

Dörnberg, 18. Januar 2010

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